Von Thomas Koppenhagen auf Mittwoch, 06. Mai 2020
Kategorie: Nachfolge sicherstellen

Corona-Krise: Einfluss auf den Unternehmenswert?

Die Fußballfans unter Ihnen haben es in den vergangenen Tagen aus der regionalen und überregionalen Presse entnommen: Der Transferwert für Fußballprofis ist in Abhängigkeit vom Alter um 10 bis 15 % gesunken. Für die Vereine bzw. deren angegliederte Unternehmen ein herber Schlag. Wesentliche Teile der Aktiva verlieren „über Nacht“ um bis zu 15 % an Wert. Da stellt sich die Frage: Welchen Einfluss hat die Corona-Krise auf die Transaktion von Unternehmensanteilen? Müssen Unternehmer, die ihr Unternehmen aus Altersgründen verkaufen möchten, ebenso mit Abschlägen rechnen? Wie hoch werden diese sein?

 Professionelle Unternehmenskäufer erwarten Abschläge

Die gute Nachricht für die Verkäufer vorweg: Die Unternehmenskäufer verfügen auch weiterhin über genügend Liquidität und stehen für Transaktionen zur Verfügung, wenn das Unternehmen mittelfristig wettbewerbsfähig ist. Dazu sollte das Unternehmen in den Jahren vor Corona eine hinreichende Umsatzrendite erzielt haben. Renditen zwischen 0 und 3 % sind nicht ausreichend (s. auch meinen Blog-Beitrag zur Marktbereinung durch die Corona-Krise).

Zusätzlich gibt es aber noch eine schlechte Nachricht für alle, die ihr Unternehmen verkaufen möchten. Die Käufer erwarten einen Abschlag (Rabatt). Aber ist dies auch gerechtfertigt oder handelt es sich um „Schnäppchenjäger“?

EBIT-Multiple entscheidend für die Unternehmensbewertung

Wesentlich für die Bestimmung des Verkaufspreises eines Unternehmens ist der EBIT-Multiple. Dabei wird bei der Kaufpreisbestimmung, vereinfacht gesagt, das nachhaltige durchschnittliche EBIT von fünf Jahren (drei Vergangenheitsjahre, aktuelles Jahr und kommendes Jahr) mit einem Faktor multipliziert. Dieser Faktor ist abhängig von der Marktlage, der Größe des Unternehmens, der Branche, dem Geschäftsmodell. Er kann im Internet recherchiert werden. Für kleine und mittlere Unternehmen liegt er in der Regel zwischen 3,5 und 7,0. Bei der Berechnung werden zudem diverse Korrekturposten berücksichtigt. In Zeiten einer wirtschaftlichen Rezession korrigiert der Markt diesen Faktor nach unten. Während und nach der Corona-Krise ist daher mit einer entsprechenden Korrektur zu rechnen.

Der überwiegende Teil der Unternehmen wird im Jahr 2020 auf Grund fehlenden Umsatzes und erhöhter Kosten ein deutlich geringeres EBIT ausweisen. Wie sich die Zahlen für das kommende (Folge-)Jahr entwickeln werden, kann derzeit von vielen Unternehmen seriös nicht geplant werden. Generell ist aber von einem eher geringeren EBIT auch in 2021 auszugehen. Damit wird sich auch der zweite Einflussfaktor auf den Kaufpreis des EBIT negativ entwickeln.

Zusätzliche Kredite mindern den Kaufpreis

Viele Unternehmen werden 2020 zusätzliche Kredite aufnehmen, um ihre Liquidität zu sichern. Da in den meisten Kaufverträgen eine fixe Summe mit dem Zusatz „Cash and Debt free“ vereinbart wird, sind Verbindlichkeiten vom Kaufpreis abzuziehen, Bankguthaben sind auf den Kaufpreis aufzugeschlagen. Da die Unternehmen in der Corona-Krise zusätzlich Liquidität benötigen, ist davon auszugehen, dass Bankguthaben heruntergefahren und zusätzliche Darlehen aufgenommen werden. Beides – Darlehensaufnahme und Auflösung von Bankguthaben – vermindern den letztendlich gezahlten Preis.

Die Hoffnung der professionellen Unternehmenskäufer ist also nicht ganz unberechtigt. In den kommenden Jahren ist mit eher fallenden Unternehmenspreisen zu rechnen. Zusätzlich ist die demographische Entwicklung in Deutschland zu berücksichtigen, die schon in den vergangenen Jahren zu einem spürbaren Rückgang von potentiellen Nachfolgern bzw. Erwerbern geführt hat. Die Verkäufer sitzen derzeit in einer Corona-Falle.

Möglichkeiten zur Kaufpreissteigerung

Um die beschriebenen Kaufpreisminderungen auszugleichen, brauchen die Unternehmer eine etwas längerfristig angelegte Strategie. Die Basis für diese Strategie ist eine detaillierte Unternehmensanalyse, die die Schwachstellen des Unternehmens offenlegt. Derzeit werden Beratungsaufwendungen von bis zu 4.000 € durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (kurz: BAFA) gefördert. Die Förderquote beträgt 100 %. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen können also eine Unternehmensanalyse in Auftrag geben und brauchen in vielen Fällen nichts zu bezahlen.

Eine entsprechende Analyse kann in zwei Richtungen genutzt werden. Zum einen können bestehende Prozesse verbessert und unrentable Aktivitäten eliminiert werden; zum anderen können die Unternehmer diese Förderung auch für die Erarbeitung eines geänderten Geschäftsmodells einsetzen. Die Corona-Krise hat bereits gezeigt, dass integrierte digitale Geschäftsmodelle weniger krisenanfällig sind. Die Käufer honorieren dies durch ein höheres EBIT-Multiple.



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